Zurück

 | 11.01.2023

CSRD – Was kommt auf Unternehmen zu?  

 

 

Kathrine Link hat mit Philippe Diaz, Mitglied des European Lab PTF-ESRS der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) und Senior Manager in der Abteilung Nachhaltige Finanzen beim WWF Deutschland, zu den nächsten Schritten in der Erstellung der Standards zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gesprochen. Herr Diaz hat an der Erstellung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zur CSRD mitgearbeitet.

 

Herr Diaz, welche Neuerungen bringt die CSRD im Vergleich zur NFRD?

Bei der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) gibt es für Unternehmen keine in der Anwendung verpflichtende Standards, die Unternehmen dazu anhalten, ihre Daten transparent offen zu legen. Die CSRD löst die NFRD ab dem Januar 2024 ab und bringt neue Standards, die sogenannten European Sustainability Reporting Standards (ESRS), mit sich. Zudem berücksichtigen die ESRS andere internationale Rahmenwerke und Standards wie die TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) und die IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS), welche durch das International Sustainability Standards Board (ISSB) ausgearbeitet wurden, und führen somit zu einer Vereinheitlichung des Reportings für Unternehmen.  

Welche Veränderungen sind für die ESRS bis zur Absegnung durch die EU im Juni 2023 zu erwarten? 

Wir erhoffen uns von der EU-Kommission, dass die ESRS ohne große Änderungen angenommen werden und keine „Taxonomie 2.0“ durch Ansetzen des Rotstiftes entsteht. Die ersten Signale der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) der EU-Kommission sind positiv zu werten. So gibt die FISMA bisher an, so wenig an den Standards ändern zu wollen wie nötig. Dies ist in Anbetracht des straffen Zeitplans, an den sich Unternehmen in Vorbereitung auf die CSRD halten müssen, ein gutes Zeichen.

Warum ist es wichtig, dass sich auch kleine und mittelständische Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen?  

Auch kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) fallen ab dem Geschäftsjahr 2026 unter die Berichtspflicht. Voraussichtlich wird es dann zwei Standards für KMUs geben: Einen Standard für gelistete und einen freiwilligen Standard für nicht-gelistete KMUs. Die Standards der EFRAG bestehen aus unterschiedlichen Offenlegungsverpflichtungen (Disclosure Requirements, kurz: DRs). Derzeit wird von der EFRAG diskutiert, ob zu allen oder nur zu einigen DRs von den gelisteten KMUs erforderlich berichtet werden muss. Wenn nur zu einigen DRs verpflichtend berichtet wird, sollte eine Wesentlichkeitsanalyse für alle weiteren nicht-verpflichtenden DRs durchgeführt werden. Anschließend wäre über die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen zu berichten.

Ist ein Bericht zu allen Offenlegungsverpflichtungen der sektorspezifischen Standards für den entsprechenden Sektor erforderlich?

Momentan werden die sektorspezifischen Standards, die für verschiedene Sektoren zusätzlich zu den bereits vorgelegten ESRS anzuwenden sind, ausgearbeitet. Ob alle Unternehmen eines Sektors zu allen oder nur einzelnen Teilsektoren zu spezifischen DRs verpflichtend berichten sollen, wird derzeit von der EFRAG diskutiert. Zweiteres wird jedoch vom WWF Deutschland favorisiert. Als Grundlage dafür, zu welchen DRs Unternehmen eines Sektors berichten müssen, schlägt der WWF Deutschland eine Zuordnung zu den NACE-Codes der EU vor. Für die Unternehmen, die nicht in den NACE-Codes der DRs genannt werden, folgt eine Wesentlichkeitsbewertung des Nachhaltigkeitsthemas. Weiter könnten die „rebuttable presumptions“, die nach der öffentlichen Konsultation aus den ESRS entfernt wurden, in die sektorspezifischen Standards mit aufgenommen werden.

Welchen größten Fortschritt sehen Sie bei der Implementierung der ESRS? 

Laut CSRD sollen sich Unternehmen wissenschaftsbasierte Umweltziele setzten. Dahinter steckt das Prinzip der kontextbasierten Wesentlichkeit: Wenn beispielsweise ein Getränkehersteller an den eigenen Standorten in Schweden, bei denen kein Wassermangel vorliegt, seinen Wasserverbrauch um 80 % reduziert, dies aber in Marokko, wo es einen Wassermangel gibt, nicht tut, ist der Impact gering. Die Anwendung der kontextbasierten Wesentlichkeit ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu selbst gesteckten Zielen und bietet Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen. Um wissenschaftsbasierte Umweltziele definieren zu können, werden momentan ökologische Schwellenwerte und deren Allokation von verschiedenen Initiativen – wie den Science Based Targets for Nature (SBTN) – entwickelt.

Sehen Sie bei den Standards Verbesserungspotenzial? 

Wenn ein Nachhaltigkeitsthema wesentlich ist, muss zu den entsprechenden Disclosure Requirements des Standards berichtet werden. Dabei sehen wir zwei Lücken, die in Zukunft geschlossen werden sollten. Erstens kann ein Unternehmen angeben, dass zu den DRs keine Prozesse vorgelegt werden können. Zweitens, dass zu den Datenpunkten der DRs nicht verpflichtend berichtet werden muss und keine Stellungnahme dazu notwendig ist, warum Datenpunkte nicht vorliegen. Eine Erklärung dazu, warum Daten nicht vorliegen, wäre im Managementreport aus unserer Sicht wünschenswert.

Herr Diaz, vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person: Als Mitglied des European Lab PTF-ESRS der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat Philippe Diaz an der Erstellung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zur CSRD mitgearbeitet. Er ist als Senior Manager in der Abteilung Nachhaltige Finanzen beim WWF Deutschland tätig. Seine Expertise liegt unter anderem im Bereich der Unternehmensberichterstattung mit besonderem Schwerpunkt auf Biodiversität und Forstwirtschaft.

Über den WWF: Der WWF Deutschland ist Teil der internationalen Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). Seit über 50 Jahren arbeitet das WWF-Netzwerk rund um den Globus daran, die Umweltzerstörung zu stoppen und eine Zukunft zu gestalten, in der Mensch und Natur in Einklang miteinander leben. In mehr als 100 nationalen und internationalen Projekten setzt sich der WWF Deutschland aktuell für den Erhalt der biologischen Vielfalt und unserer natürlichen Lebensgrundlagen ein. Mehr als 800.000 Förderinnen und Förderer unterstützen ihn dabei.